Dreiteilig präsentiert sich der teilweise mit gelben Verblendern verkleidete Stahlbetonbau der Gocher Station. Dominanter Mittelteil ist die sich schrägwinklig aufsteigend der Stadt öffnende Empfangshalle mit ihrer großzügig mit Drahtglas durchfensterten Vorderfront über der mit einer tiefen Kragplatte geschützten Eingangszone. Die schräg ansteigenden Flankenmauern rahmen eine mit quadratischen kleinen Öffnungen durchbrochene Erdgeschosszone, neben der sich der stahlrahmenumfasste Glastürenbereich für die Reisenden öffnet. Die drahtglasdurchfensterte obere Zone steigt, ebenfalls von den Flankenmauern gerahmt, lotrecht auf. Schmale, hochrechteckige Stahl-Sprossung gliedert die Fläche. Rückwärtig belichtet ein Fensterband die Empfangshalle von der Gleisseite her.
Von der Stadtseite gesehen links umschließt ein eingeschossiger Bürotrakt seitlich und rückwärtig die Halle. Ein allseitig verglastes Vorsteherbüro erstreckt sich gegen die Gleise. Unterschiedlich große Fenster belichten den gelb verklinkerten Flachbau, der sich seitlich anschließt. Gleisseitig ein zweiflügeliges Blechtor.
Zur rechten Seite der Empfangshalle, an ein kurzes, mit Glasbausteinen belichtetes Verbindungsstück anschließend, ein möglicherweise späterer, eingeschossiger Restaurant-Trakt (Bauakten zur Eruierung der Baualtersstufen lagen nicht vor).
Die flachen Seitenflügel zu beiden Seiten der Empfangshalle vermuten im Lauf der 1970er Jahre in Traufenhöhe mit einem entstellenden, zu kräftig dimensionierten Blechband umfasst. Im Inneren der Halle östlich das ursprüngliche, dreiteilige Schalterfenster, westlich ein nachträglicher Einbau. Der Boden mit originalen Terrazzofliesen belegt. Die Ost- wie auch die West-Innenwand der Halle zeigt originale abstrakte Bildmotive.
Bewertung
Bei dem beschriebenen Bahnhofsgebäude handelt es sich um ein Denkmal im Sinne des § 2 Absatz 1 Denkmalschutzgesetz NW.
Die Anlage ist bedeutend für die Geschichte der Städte und Siedlungen sowie die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse. Für Nutzung und Erhaltung liegen künstlerische, wissenschaftliche und städtebauliche Gründe vor.
Der durch die Fachliteratur am europäischen Umfeld gemessen hervorgehobene Bau stellt ein qualitätsvolles Beispiel für die erste Generation der Nachkriegsbauten des deutschen Eisenbahnwesens dar. Er verkörpert trotz seiner verhältnismäßig geringen Dimensionierung in überzeugender Qualität das Prinzip der lichtdurchfluteten, sich zur Stadt hin betont öffnenden Empfangsgebäude, wie sie am Großstadtbeispiel der zum Kölner Dom hin ausgerichtete Bau von 1957 darstellt. Material und baukünstlerische Ausstattung der Erbauungszeit haben sich in ihren charakteristischen Merkmalen unverändert erhalten und machen den Bau zum epochentypischen Beispiel. Ursprüngliche Farb- und Materialwahl symbolisieren den Willen zu einer heiteren, freundlichen Ausstrahlung öffentlicher Bauten.
Im Lichte der neuen Informationen aus dem jüngst erschienenen Werk von Schack (Martin Schack, Neue Bahnhöfe. Die Empfangsgebäude der Deutschen Bundesbahn 1948 - 1973, Berlin 2004, Seite 36-39, Seite 166) kann jedoch präzisiert werden, dass es sich bei den die Empfangshalle flankierenden Seitenflügeln der Gaststätten- und Diensträume-Trakte um Originalbauteile des Hermann´schen Entwurfes von 1955, 1956 handelt. Der von der Stadtseite her rechte Flügelbau zeigt unverändert die vertikal überleitende, glasbausteinverblendete Übergangszone zwischen Halle und sechsteiliger Gaststätten-Front.
Unter Beibehaltung dieser Front wurde lediglich eine in unsensibler Manier vergröbernde Blechverkleidung vor die ursprünglichen schlanken Betonstützen und die Traufenzone gelegt, hinter der die ursprüngliche Konstruktion heute verborgen ist.
Die Brüstungsfelder unterhalb der Fenster aus hochkant gestellten, hellen Klinkern sind unverändert erhalten. Es fehlt heute die epochen-typische, auf die Traufkante des Gaststättenteils gestellte freistehende Leuchtreklame „Bahnhofsgaststätte".
Auch an der Front der in den Flankenmauern aufsteigend nach hinten geneigten Empfangshalle ist die mit kleinen quadratischen Öffnungen versehene Wandzone links vom Durchgang erhalten geblieben, dieser selbst hat neue Stahlprofiltüren erhalten, die jedoch dieselbe Vierteilung aufweisen, die die Originale besaßen.
Der Bahnhofsbau besitzt nicht nur große Bedeutung für die Städte und Gemeinden, erhält doch Goch einen in der damaligen Presse als beispielhaft modern empfundenen Nachkriegs-Bahnhof. Die neuen Forschungen haben auch erwiesen, wie selten in der frühen Nachkriegszeit die Tatsache eines Entwurfes für ein Empfangsgebäude durch einen privaten Architekten war. Künstlerische und wissenschaftliche Bedeutung gewinnt der Bahnhof durch die Anwendung einer für einen Kleinstadtbahnhof außergewöhnlich modernen Architekturauffassung, wie sie zeitgleich nur bei herausgehobener und vieldiskutierter Großstadt-Bahnhofsarchitektur, beispielsweise Köln, zu finden ist.
Die in kleinen Maßstäben, aber in vollendeter Beherrschung der Baumassen und mit Sinn für expressive Effekte (die starke Rückwärtsneigung der den Publikumsverkehr aufnehmenden Hallenfront) entworfene Station ist damit Teil der Nachkriegs-Architekturgeschichte der Moderne. Dies beweist sich auch darin, dass das „Modell Goch" in nur wenig modifizierter Form Vorbild weiterer Stationsbauten wurde, und damit etwas wie einen „Typenbahnhof" der Moderne abgibt.
Das Baudenkmal Bahnhof Goch besitzt eine weit über die Region hinausgehende, bundesweite Bedeutung für die Bahnhofsarchitektur der Nachkriegszeit.
Details des Denkmals
Adresse | Bahnhofsplatz, 47 574 Goch |
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Laufende Nummer | 78 |
Eingetragen am |