In Goch gibt es seit sieben Jahrhunderten Archivalen
Bereits im 14. Jahrhundert verfügte die Stadtverwaltung über ein Archiv. Damals wurden die Urkunden über die Stadtprivilegien, die der Landesfürst verlieh, zur Wahrung der Rechte aufbewahrt. Einige dieser Urkunden sind uns bis zum heutigen Tag erhalten geblieben.
Namentlich wird in der Gocher Geschichte erst im 17. Jahrhundert von Archivalen gesprochen, die sich in einer Truhe in der Ratsstube des städtischen Gasthauses „Zum heiligen Geist“ befanden. Das Gasthaus wurde 1699 zur Evangelischen Kirche am Markt umgebaut.
Aufhebung der Archivalen zur Rechtssicherheit
Bei drohender Kriegsgefahr wurden die Gocher Archivalen z.B. 1672, 1677, 1679,1702 und von einem Reiter nach Nimwegen in Sicherheit gebracht, wo sich eine besondere Kammer hierfür befand. Auch die Städte Kleve und Wesel waren Aufbewahrungsorte der Gocher Urkunden in Notzeiten. Häufig kamen die Originalurkunden nicht mehr zurück. Zur eigenen Sicherheit legten die Gocher Kopialbücher über die Bestände an. Zwei dieser Stadtrechtsbücher sind erhalten geblieben. Hierbei handelt es sich um den Kodex Pergamenus aus dem 15. Jahrhundert und um den Kodex Lax aus dem 17. Jahrhundert. Das ältere Stadtrechtsbuch wurde 1473 zur Übergabe der Stadt Goch von Geldern nach Kleve angelegt. Die Rechtssammlung aus dem 17. Jahrhundert hat der Gocher Notar Heinrich Lax angelegt.
Die Stadtregistratur ist die Grundlage des Stadtarchivs
1750 wurde die Stadtregistratur neu aufgenommen und 1773 erneut geordnet. 1815 ist das Stadtarchiv vom Stadtphysikus Dr. Peter Bergrath für stadtgeschichtliche Arbeiten genutzt und strukturiert worden. 1850 übernahm Dr. Heinrich Schraven die ehrenamtliche Betreuung des Stadtarchivs. Der Urkunden- und Archivalenbestand des Stadtarchivs wurde damals in mehreren Schränken im Rathaus aufbewahrt. Bereits 1864 berichtete Otto von Mülmann in seiner Statistik des Regierungs-Bezirkes Düsseldorf über das Stadtarchiv Goch.
In dieser Zeit war das Stadtarchiv allerdings für eine allgemeine Benutzung nicht zugänglich. Trotzdem wurde bereits 1897 das Findbuch über den Bestand des Stadtarchivs in den Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein veröffentlicht.
Stadtarchiv Goch in eigenen Räumen
1925 erhielt das Stadtarchiv einen ersten eigenen Raum in einem Turm des Steintors. In diesem recht kleinen Raum ordnete Dr. Alphons Schmitz, der im Steintor das Gocher Museum leitete, die Archivbestände neu.
Mit der Einrichtung des Archivs im Steintor war die Stadt Goch vielen anderen Kommunen weit voraus. Die meisten Archive im Rheinland hatten bis dahin weder einen vorgebildeten Betreuer, geschweige denn eine hauptamtliche Kraft. Im Zuge des wachsenden Interesses an der Lokalgeschichte wurde für die Rheinprovinz eine Archivberatungsstelle gegründet, die sich um den Aufbau kommunaler Archive bemühte und Dr. Alphons Schmitz zum Archivpfleger für Goch bestellte.
Als die Räumlichkeit im Steintor nicht mehr ausreichte, erhielt das Stadtarchiv 1934 einen größeren Raum im Erdgeschoss des Ostturms. Dieser Raum wies erhebliche Nachteile auf. Er war nicht beheizbar und zu feucht, so dass im Frühjahr 1937 erneut ein Umzug in zwei größere Räume des van-den-Bosch-Hauses am Markt erfolgte, wo sich im Erdgeschoss bereits die Stadtsparkasse befand und in den Obergeschossen das Heimatmuseum eingerichtet war. Hier leitete Dr. Schmitz das Archiv und Museum bis zu seinem Tod im Jahre 1944. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs zählte der Bestand des Stadtarchivs Goch zu den bedeutendsten am Niederrhein.
Bestandverluste zum Ende des Zweiten Weltkriegs
Im Januar 1945 sollte im Rahmen der allgemeinen Kunstschutzaktion das Stadtarchiv, die Kirchenbestände und das Archiv der Bruderschaft Zu unserer Lieben Frau durch die Rheinische Provinzialverwaltung in das Kalibergwerk Volpriehausen/Westfalen ausgelagert werden. Die Archivalen der nichtkommunalen Einrichtungen waren bereits von einer Gocher Spedition auf einen Lkw verladen und wegen der gerade herrschenden Straßenglätte in den Margarinewerken Jurgens & Prinzen zwischengelagert und wenig später im Amtsgericht deponiert worden. Allein das Fehlen von nur 50 Litern Benzin machte den Abtransport aller Bestände unmöglich. Deshalb wurden die wichtigsten Urkunden und Handschriften im Kellertresor der dortigen Stadtsparkasse eingeschlossen. Der verbliebene Teil des Stadtarchivs, wie z.B. Akten, Stadtrechnungen und Ratsprotokolle wurden dagegen zum baldigen Abtransport in Kisten verpackt und bereitgestellt.
Dann erfolgte am 7. Februar 1945 der Luftangriff auf die Stadt Goch. Als zwei Wochen später die Stadt von den Alliierten eingenommen war, sicherte der kanadische Kunstschutzoffizier Major Balfour die in den Trümmern des van-den-Bosch-Hauses verbliebenen Archivalien aus dem mittlerweile von den Soldaten aufgebrochenen Tresor. Er brachte den Bestand während der Frontkämpfe in das Kloster Spyck in Kleve in Sicherheit. Trotzdem ist ein Teil des Stadtarchivs während der Kämpfe um die Stadt verloren gegangen. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um den Inhalt der sechs Holzkisten mit den Stadtrechnungen und Ratsprotokollen. Der im Kloster Spyck gesicherte Bestand wurde im August 1945 nach Goch zurückgeführt und im sogenannten Zigarrenmacherhäuschen, das sich hinter dem heutigen Rathaus befand, provisorisch aufgestapelt.
Neuaufbau des Stadtarchivs
Die britische Militärregierung legte nach Kriegsende großen Wert auf die Wiedereinrichtung des Stadtarchivs. Major Meekings, Spezialbeauftragter für das Archivwesen für die gesamte britische Zone, hat zweimal die Stadt Goch aufgesucht und zwei Räume im Gebäude an der Ecke Bahnhofstraße/Gartenstraße für das Stadtarchiv vorgesehen. Er spendierte aus seinem privaten Vermögen das Geld zur Anschaffung von Fensterglas für diese Räume, die noch komplett renoviert werden mussten. Die von Dr. Schmitz vorgenommene Ordnung war wegen der großen Lücken zerstört. Während der Renovierungsphase des ehemaligen Waisenhauses beanspruchte die Post das Gebäude, weil nach Ansicht des Bürgermeisters die Posteinrichtung für den Wiederaufbau wichtiger als das Archiv war. Deshalb wurde ein Teil des Stadtarchivs im Wohnhaus des Stadtarchivars Langenberg in der Gartenstraße 3 und der restliche Teil im Hause Nordring 11, wo die Stadtverwaltung ein Notquartier hatte, untergebracht.
Im Oktober 1952 ist das Stadtarchiv wieder in der alten Torburg untergebracht worden, und zwar im ersten Stockwerk des Steintors. Die kriegsbedingte Zerstörung der Ordnung des Archivs wurde von der Archivberatungsstelle Düsseldorf bereinigt. Die Urkunden und Stadtrechtsbücher nahmen Landesoberarchivrat Dr. Carl Wilkes und der Staatsarchivassessor Dr. Helmut Dahm unter Mitwirkung von Hermann Langenberg, der das Archiv betreute, neu auf.
Die Ratsprotokolle hatten durch die Kriegseinwirkung schwer gelitten und wurden deshalb 1955/56 restauriert. Am 1. Januar 1966 übernahm Studienrat a.D. Rudolf Weber das Stadtarchiv ehrenamtlich.
Bestandserweiterung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
Die kommunale Neugliederung der Kommunen des Kreises Kleve bereicherte 1969 den Bestand des Archivs. Die Gemeinde Pfalzdorf und das Amt Asperden (mit den Bürgermeistereien Asperden und Kessel und den Ortschaften Hassum, Hülm, Hommersum, Nierswalde) wurden aufgelöst und die Archivbestände der beiden Gemeinden in das Stadtarchiv Goch eingebracht. 1976 erfolgte die Trennung des Stadtarchivs und Museums. Das Stadtarchiv erhielt ein eigenes Haus in der Voßstraße 84, wo 110 m2 zur Verfügung standen. In diesem Gebäude wurde gleichzeitig im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen mit Hilfskräften ein Verwaltungsarchiv (Zwischenarchiv) aufgebaut. 1985/86 wirkte im historischen Stadtarchiv auch Dr. Stefan Frankewitz für zwölf Monate. Dr. Frankewitz hat in dieser Zeit u.a. die Stadtrechte wissenschaftlich untersucht, über die Gocher Privilegien eine Publikation verfasst und ein Gocher Literaturverzeichnis angelegt.
Rückführung des Stadtarchivs zum Rathaus
Die räumliche Trennung von der Stadtverwaltung, die Platzenge und der Bauzustand des alten Gebäudes in der Vossstrasse machten bereits nach zehn Jahren einen Umzug erforderlich. Das Archiv erhielt 1986 an der Steinstraße im Hintergebäude des Hauses „Zu den Fünf Ringen“ ein 190 m2 großes Domizil mit einem Übergang ins Rathaus. Der ehrenamtliche Leiter des Stadtarchivs, Rudolf Weber, ging mit dem Umzug des Archivs im 87. Lebensjahr endgültig in den Ruhestand. Nachfolger wurde Hans-Joachim Koepp, der erste hauptamtliche Leiter des Stadtarchivs.
Umzüge und Neubau des Rathauses
Im Oktober 2002 erfolgte der vorübergehende Auszug des Stadtarchivs aus dem Rathaus. Der alte Gebäudetrakt des Stadtarchivs am Rathaus wurde abgebrochen und das Rathaus mit einem Neubau an dieser Stelle erweitert. Das Stadtarchiv zog in die Reichswaldkaserne an der Pfalzdorfer Straße in zwei Gebäude um. Wegen der Auflösung der Kaserne musste das Archiv im März 2005 erneut umziehen, und zwar in das Gewerbegebiet in eine Schmiede auf der Daimler Straße 7. Im August 2006 erfolgte der Einzug des Stadtarchivs in das neue Rathaus. Das Magazin befindet sich hier im Erdgeschoss unterhalb des Sitzungssaales bis zum aktuell endgültigen Umzug in das Haus zu den Fünf Ringen.
Literaturhinweise:
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Koepp, Hans-Joachim. Aegidius' Sammlung kehrt heim! Die Sammlung Moeselagen jetzt im Stadtarchiv. In: An Niers und Kendel, Heft 27, 1992, Seite 25-28.
Koepp, Hans-Joachim. Bücher und Foto-Negative aus dem Stadtarchiv. In: An Niers und Kendel, Heft 28, 1993, Seite 30.
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Koepp, Hans-Joachim. Genealogische Bestände im Stadtarchiv Goch. In: Mosaik 2/1995, Seite 26-28.
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