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Bundesverdienstkreuz für Ruth Warrener

KREIS KLEVE Der Bundespräsident hat Ruth Warrener das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Landrat Christoph Gerwers überreichte der Gocherin den Orden im Rahmen einer Feierstunde im Klever Kreishaus. Warrener erhält die Auszeichnung für ihr Engagement um eine aktive Erinnerungskultur für das jüdische Leben am Niederrhein und die Aussöhnung mit der jüdischen Gemeinde. Die Ordensträgerin betont, sie nehme das Verdienstkreuz stellvertretend als Anerkennung für alle Mitwirkenden an ihren Projekten entgegen.

Anfang der 2000er-Jahre zog die Lehrerin Ruth Warrener nach Goch, um unter anderem Geschichte an der Gesamtschule Mittelkreis zu unterrichten. Ihre Arbeit verband sie mit einem persönlichen Interesse an lokalgeschichtlichen Themen. So besuchte die Lehrerin im Jahr 2003 eine Präsentation zum Thema „Gocher Juden". Dieser Vortrag hinterließ einen bleibenden Eindruck bei ihr. Gemeinsam mit ihrem damaligen Geschichtskurs initiierte sie daraufhin das Projekt „Wider das Vergessen".

„Mit Erlaubnis der zuständigen jüdischen Gemeinde in Düsseldorf wurden die Grabsteine der jüdischen Friedhöfe Gochs durch die Schülerinnen und Schüler sorgfältig gereinigt und die im Anschluss wieder leserlichen Namen dokumentiert", erinnerte Landrat Gerwers an die Anfänge. Diese Namen bildeten wiederum das Fundament umfangreicher Recherchen zu Stammbäumen und Lebensgeschichten der jüdischen Bürgerinnen und Bürger Gochs, in deren Verlauf mit Hilfe des Informatikkurses der Gesamtschule eine Webseite zum Projekt entstanden ist.

Im Jahre 2007 wurden erstmals Nachkommen der jüdischen Gemeinde auf die Webseite aufmerksam. In Folge meldeten sich Menschen unter anderem aus den Niederlanden, Schweden, den USA, Australien, Argentinien und Israel, von denen nicht wenige die Stadt Goch persönlich besuchten. „Durch diese neu geknüpften Freundschaften haben Sie, liebe Frau Warrener, bereits einen bemerkenswerten Beitrag zur Aussöhnung geleistet", betonte Gerwers.

Im Jahr 2013 schloss sich Ruth Warrener zudem der neu gegründeten Initiative „Gocher Stolpersteine" an. Auch auf diese Weise erinnerte sie gemeinsam mit den weiteren Initiatoren an das Schicksal der Juden in Goch - auch hier wieder mit tatkräftiger Unterstützung der Schülerinnen und Schüler.

Die Forschungsarbeit des Projektes „Wider das Vergessen" wurde parallel ebenfalls umfangreicher: Viele Angehörige konnten mit wertvollen Informationen, Stammbäumen, Fotos und weiteren Quellen das Projekt voranbringen. Den aktuellen Stand der Recherchen präsentierte die Initiative 2015 im Rathaus der Stadt Goch in der von Ruth Warrener erarbeiteten Ausstellung „Die Heimat vertreibt ihre Kinder ─ Flucht und Vertreibung jüdischer Bürgerinnen und Bürger aus Goch". Daneben verfasste die Lehrerin verschiedene Aufsätze und Publikationen zum Thema. Besonders ragt hierbei das im Jahr 2017 erschienene Buch „Wider das Vergessen ─ Jüdische Schicksale aus einer rheinischen Kleinstadt" heraus. Es handelt sich hierbei um ein 350 Seiten starkes Werk, das auf jahrelanger Forschungsarbeit basiert und in dem umfassend die Lebens- und Leidensgeschichten der jüdischen Familien Gochs nachgezeichnet werden.

Mit der Erarbeitung von szenischen Lesungen gelang es Ruth Warrener, ihre historischen Erkenntnisse einem breiten Publikum zugänglich zu machen und gleichzeitig den gesellschaftlichen Diskurs für Toleranz und Vielfalt und gegen Diskriminierungen jeder Art zu fördern. „Sehr geehrte Frau Warrener, 20 Jahre lang haben Sie sich mit großem, persönlichen Engagement in vorbildlicher Weise im kulturellen Bereich für die Aussöhnung eingesetzt und stellten hierdurch oftmals private Interessen hinten an. Ihr verdienstvolles Engagement ist auszeichnungswürdig!", schloss der Landrat seine Laudatio.

(Meldung vom 10.3.23 / Quelle: Kreis Kleve)

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