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Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche

Anspruch auf Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII haben Kinder (ab Schuleintritt), Jugendliche und junge Erwachsene, wenn sie von einer seelischen Behinderung mit hoher Wahrscheinlichkeit bedroht oder bereits betroffen sind. Eine seelische Behinderung liegt vor, wenn eine psychische Störung dazu führt, dass ein junger Mensch in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.

Ziel der Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII ist, bestehende oder drohende Beeinträchtigungen im familiären, sozialen oder schulischen Bereich durch die Gewährung der jeweils individuellen notwendigen und geeigneten Hilfe zu mildern oder abzuwenden. Die Hilfen können je nach Bedarf in ambulanter, teilstationärer oder in stationärer Form gewährt werden.

Kosten

Es können Gebühren anfallen
Zahlungsziel: Die ambulanten Leistungen nach § 35a SGB VIII bzw. nach § 41 in Verbindung mit § 35a SGB VIII werden grundsätzlich ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse erbracht. Wenn die Hilfe in stationärer oder teilstationärer Form geleistet wird, kommt es zu einer Erhebung von Kostenbeiträgen. Die Kostenbeitragspflichtigen Personen werden in diesen Fällen nach Leistungsbewilligung zur Darlegung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse aufgefordert.

Rechtsgrundlagen

Fristen

§ 14 SGB IX gibt den Rehabilitationsträgern Fristen zur Klärung der Zuständigkeiten vor. Findet § 14 SGB IX Anwendung, muss der Rehabilitationsträger gemäß Abs. 1 innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags feststellen, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für eine der beantragten Leistungen (vorrangig) zuständig ist. Ist dies nicht der Fall, muss er den Antrag gemäß § 14 Abs. 1 SGB IX innerhalb der Frist an den nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger weiterleiten. Findet § 14 SGB IX keine Anwendung, entfallen die Fristen und Verfahrensvorgaben. Das Prüfverfahren bleibt gleich.

Prozess

Das Jugendamt übt als Rehabilitationsträger eine allgemeine Beratungspflicht aus und berät über Rechte, Pflichten, Leistungen, das Verfahren und Ziele der Eingliederungshilfe. Vor der Antragsstellung findet ein beratungsgespräch statt. Im Beratungsgespräch gewinnt die Fachkraft zu dem eine erste Einschätzung zur Lebenssituation sowie zu den Bedarfen des jungen Menschen. Sollte ein Rehabilitationsbedarf ersichtlich werden, wirkt die Fachkraft auf eine Antragsstellung hin.

Nach Antragsstellung erfolgt die Zuständigkeitsprüfung gem. §14 SGB IX sowie die Prüfung der grundsätzlichen Zuständigkeit.
Weiterführend prüft die Fachkraft das Vorliegen einer ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Stellungnahme sowie den Ausschluss einer körperlichen und/ oder geistigen Behinderung. Kann eine körperliche und/oder geistige Behinderung ausgeschlossen werden und liegt die alleinige Zuständigkeit beim Jugendamt, so folgt die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen im Rahmen der Eingliederungshilfe gem. §35a SGB VIII:

1.       Prüfung des Abweichens der seelischen Gesundheit

2.       Prüfung der Teilhabebeeinträchtigung

Zur Prüfung der Teilhabebeeinträchtigung erfolgen je nach beantragter Leistung, Hospitationstermine in der Schule, Hausbesuche (Gespräche auch mit dem jungen Menschen) oder Gespräche/ Telefonate mit Kliniken, Therapeuten etc.

Nach Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen erfolgt im Zusammenwirken mehrere Fachkräfte, eine abschließende Einschätzung und Entscheidung über den Leistungsanspruch und die Hilfeart.

Voraussetzungen

Nach § 35a SGB VIII haben Kinder oder Jugendliche einen Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn:

1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht
und
2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Wenn beide Bedingungen kausal erfüllt sind, liegt eine (drohende) seelische Behinderung vor.

Für die Bearbeitung des Antrages werden folge Unterlagen benötigt:

·         vollständig ausgefüllter und unterschriebener Formantrag von den Sorgerechtsinhaber*innen

·         Geburtsurkunde und Sorgerechtsnachweis

·         ausgefüllte und unterschriebene Entbindung von der Schweigepflicht

·         fachliche Stellungnahme nach §35a SGB VIII, die nicht älter als ein Jahr sein darf
          (Diagnosen nach ICD 10, inklusive IQ Testung und Aussage über das Vorliegen oder den Ausschluss einer körperlichen Behinderung)

·         Schulzeugnisse der letzten 2 Jahre (bei schulischen Hilfen)

Der Antrag auf Eingliederungshilfe kann im Jugendamt gestellt werden. Das Antragsformular erhalten Sie durch die entsprechende Fachkraft der Eingliederungshilfe. Der Antrag kann auch formlos gestellt werden.

Der Antrag wie auch die beiliegende Schweigepflichtentbindung sind generell von den Sorgerechtsinhaber*innen zu unterschreiben, auch bei getrenntlebenden bzw. geschiedenen Eltern. Bei Pflegeeltern / Vormündern muss eine Kopie der Bestallungsurkunde über den Wirkungskreis Ihrer Pflegschaft / Vormundschaft vorgelegt werden.

Nach der Vollendung des 15. Lebensjahres kann der Antrag durch den Jugendlichen gestellt werden (§ 36 SGB I), es sei denn der gesetzliche Vertreter schränkt die Handlungsfähigkeit ein. Bei stationären Hilfen ist das Einverständnis der Personensorgeberechtigten prinzipiell notwendig.

Bei Beantragung von Hilfen für junge Volljährige nach §41 SGB VIII in Verbindung mit §35a SGB VIII ist die volljährige Person antragsberechtigt.
 

Inhalte der fachlichen Stellungnahme sind gemäß § 35a Absatz 1 SGB VIII

Die Feststellung der Abweichung der seelischen Gesundheit vom alterstypischen Zustand:

-       Diagnose auf der Grundlage der ICD-10,

-       Feststellung der Abweichung des seelischen Gesundheitszustandes mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate

-       Darlegung, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht.

Darüber hinaus sollte die Stellungnahme auch folgende Angaben beinhalten:

-       Angewandte Untersuchungs- und Testverfahren

-       Angaben zur Intelligenz/ IQ Testung nach HAWIK IV / WISC IV / WAIS IV (Volljährige)

-       Angaben zu körperlichen Erkrankungen/ Behinderungen,

-       Einordnung des Krankheitsbildes (seelische Störung, geistige Behinderung, körperliche Erkrankung/Behinderung, Mehrfachbeeinträchtigung),

-       Bisherige Behandlung und Ergebnisse,

-       Therapieempfehlung aus medizinischer Sicht,

-       Prognose zur weiteren Entwicklung (im Hinblick auf das Störungsbild),

-       Einschätzung, ob es sich um ein jugendtypisches oder chronifiziertes Störungsbild mit einem dauerhaften Hilfebedarf handelt
        (insbesondere bei jungen Volljährigen),

-       Benennung und Qualifikation der Stellung nehmenden Person.

FAQ

Weiterführende Informationen

Gerne können Sie bei sozialrechtlichen, sozialpädagogischen und sozialmedizinischen Fragestellungen das Angebot folgender Beratungsstellen nutzen:

Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) Kreis Kleve

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